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Wenn Beine keine Ruhe geben
<p class="bodytext">Wenn nachts im Liegen die Beine nicht zu Ruhe kommen wollen, sie kribbeln und schmerzen, können Restless Legs dahinterstecken. Bei leichten Beschwerden helfen oft einfache Maßnahmen wie Schlafhygiene oder Ablenkung. Doch häufig stören die unruhigen Beine den Schlaf so sehr, dass sie die Lebensqualität empfindlich einschränken. Spätestens dann kommen Medikamente zum Einsatz. </p><p class="bodytext"><strong>Herumlaufen statt Schlafen </strong> </p><p class="bodytext">Unangenehmer Bewegungsdrang in den Beinen, gepaart mit Missempfindungen und Schmerzen: Das sind die Hauptbeschwerden beim Restless-Legs-Syndrom (RLS). Die störenden Empfindungen sind vielfältig, sie reichen von Jucken, Kribbeln, Ziehen und Reißen bis zu starken Schmerzen. Sie treten vor allem im ruhigen Sitzen oder Liegen auf, also z.B. abends vor dem Fernseher oder nachts im Bett. </p><p class="bodytext">Typisch ist, dass Bewegung und Aktivität die Beschwerden lindern. Stark Betroffene müssen dann immer wieder aufstehen und herumlaufen, was den Schlaf stört. Das hat viele Folgen. Zum einen fördern Schlafstörungen Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Außerdem führt schlechter Schlaf zu Tagesmüdigkeit, was wiederum die Lebensqualität einschränkt. Dabei leidet das soziale Leben nicht nur durch die RLS-bedingte Erschöpfung. Der teils unstillbare Bewegungsdrang macht manchen Betroffenen Konzert- oder Theaterbesuche unmöglich, ebenso werden Flugreisen erschwert. Das kann so weit führen, dass sich die Patient*innen ganz aus dem geselligen Leben zurückziehen. </p><p class="bodytext"><strong>Tipp:</strong> Nicht immer wachen die Patient*innen durch ihre unruhigen Beine auf. Bei manchen macht sich das RLS auch dadurch bemerkbar, dass im Schlaf die Beine oder Füße zucken. Wenn dies von der Bettpartner*in bemerkt wird, sollte man ein mögliches RLS bei der Ärzt*in abklären lassen. </p><p class="bodytext"><strong>Warum die Beine nicht zur Ruhe kommen </strong> </p><p class="bodytext">Die Erkrankung Restless Legs ist zwar nicht so bekannt wie die Migräne, aber ebenso häufig: Bis zu 10% der Bevölkerung sollen davon betroffen sein, vor allem Frauen im mittleren Lebensalter. Zum Glück sind bei den meisten die Beschwerden mit allgemeinen Maßnahmen beherrschbar. Doch immerhin bis zu 5% der Patient*innen benötigen Medikamente, um ihre Beine zur Ruhe zu bringen. </p><p class="bodytext">Die Ursache der neurologischen Erkrankung ist nicht bekannt. Expert*innen vermuten Stoffwechselstörungen im Gehirn, betroffen sein sollen der Eisenstoffwechsel und das Dopaminsystem. Offenbar ist auch die genetische Veranlagung wichtig. Inzwischen wurden verschiedene Gene identifiziert, die beim RLS eine Rolle spielen. Außerdem hat etwa die Hälfte der Betroffenen Verwandte mit den gleichen Beschwerden. </p><p class="bodytext">In einigen Fällen treten Restless Legs auch mit anderen Erkrankungen zusammen auf. Dazu gehören die Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) und Polyneuropathien (Erkrankungen von Nervenfasern). Medikamente können ebenfalls RLS-Beschwerden auslösen, allen voran Antipsychotika, Antidepressiva und Metoclopramid. </p><p class="bodytext"><strong>Hinweis: </strong>Das RLS entwickelt sich manchmal auch im Rahmen einer Schwangerschaft. Meist bilden sich die Beschwerden nach der Entbindung wieder zurück. </p><p class="bodytext"><strong>Checkliste und L-Dopa-Test </strong> </p><p class="bodytext">Bei oben genannten Beschwerden ist es wichtig, die Hausarztpraxis aufzusuchen. Zur Vorbereitung kann man die RLS-Checkliste der Deutschen Restless-Legs-Vereinigung aus dem Internet ausdrucken und die darin gestellten zehn Fragen vorab beantworten. Das hilft der Ärzt*in bei der Abklärung, ob es sich bei den Beschwerden um ein RLS handelt. Neben der Krankengeschichte wird zur Diagnose häufig der sogenannte L-Dopa-Test herangezogen. </p><p class="bodytext">Beim L-Dopa-Test nimmt die Patient*in einmal abends L-Dopa und einen Decarboxylasehemmstoff ein. Gehen die Missempfindungen zurück, handelt es sich um ein RLS. Allerdings schließt ein Nicht-Ansprechen ein RLS nicht sicher aus - in solchen Zweifelsfällen hilft eine Untersuchung im Schlaflabor weiter. </p><p class="bodytext">In unklaren Fällen muss die Ärzt*in andere Krankheiten mit Beinschmerzen, Kribbeln oder Bewegungsdrang ausschließen. Dazu gehören beispielsweise die Spinalkanalstenose (eine Verengung des Wirbelkanals), Gelenkentzündungen, Venenerkrankungen oder Durchblutungsstörungen. </p><p class="bodytext">Ist ein RLS diagnostiziert, muss geklärt werden, ob zusätzlich eine begünstigende Erkrankung vorliegt. Bei einem entsprechenden Verdacht decken Laboruntersuchungen Eisenmangel, Nierenschwäche und andere Erkrankungen auf. Neurologische Spezialuntersuchungen kommen einer möglichen Nervenerkrankung auf die Spur. </p><p class="bodytext"><strong>Hinweis:</strong> Besonders wichtig bei der Diagnostik ist die ausführliche Medikamentenanamnese, d.h. die Abfrage, welche Arzneien die Patient*in einnimmt. Einige Wirkstoffe sind bekannt dafür, dass sie zu RLS-Symptomen führen oder diese verstärken. Dazu gehören Cimetidin, Flunarizin, Lithium und andere Antidepressiva sowie Antipsychotika wie Haldol, Clozapin und Risperidon. </p><p class="bodytext"> <strong>Schlafhygiene, Eisen und Bewegung </strong> </p><p class="bodytext">Behandelt werden beim RLS sowohl die Symptome als auch – sofern gefunden - die Ursache. Liegt z.B. eine begleitende Erkrankung vor, muss diese therapiert werden. Sind Medikamente der Auslöser, wird die Ärzt*in diese absetzen bzw. ersetzen. </p><p class="bodytext">Zur Linderung der Beschwerden empfehlen Expert*innen zunächst eine Eisensubstitution. Bei leichteren Missempfindungen und niedrigen Ferritinwerten (≤ 75 µg/l Blut) erfolgt die Eisengabe oral. Ein schweres RLS mit eingeschränkter Lebensqualität sowie eine Transferrinsättigung <20% im Blut erfordern die intravenöse Gabe. Meist werden einmal 1000 mg oder zweimal 500 mg innerhalb einer Woche verabreicht. </p><p class="bodytext">Zusätzlich unterstützen folgende allgemeine Maßnahmen die Therapie: </p><p class="bodytext"><ul><li><strong>Schlafhygiene verbessern</strong>. Dazu gehören ein dunkler, ruhiger und angenehm temperierter Schlafraum und eine gute Matratze. Abends sollten Aufregungen (aufwühlende Filme, belastende Nachrichten) und anstrengender Sport gemieden werden. Stattdessen helfen Rituale, die immer dem gleichen Rhythmus folgen. Etwa ein Abendspaziergang, ein Tee oder ein warmes Bad. </li><li><strong>Beruhigende Ernährung</strong>. Lebensmittel mit raffiniertem Zucker oder kohlensäurehaltige Getränke wirken ungünstig auf ein RLS und sind deshalb zu reduzieren. </li><li><strong>Aufputscher meiden</strong>. Betroffene berichten häufig, dass Alkohol, Kaffee, Cola und Rauchen die Beschwerden verschlimmern. Expert*innen empfehlen, nach 15 Uhr kein Koffein und ab vier Stunden vor dem Zubettgehen keinen Alkohol zu sich zu nehmen. Raucher*innen sollten versuchen, sich das Rauchen abzugewöhnen. </li><li><strong>Körperliche Bewegung</strong>. Regelmäßige körperliche Aktivitäten, bei den die Beine beansprucht werden, können sich auf ein RLS positiv auswirken. Allerdings sollte man am Vormittag oder frühen Nachmittag Sport treiben. Spätere Anstrengungen können das RLS triggern. </li><li><strong>Ablenkung</strong>. Wenn die Beschwerden abends vor dem Zubettgehen auftreten, helfen Ablenkung durch Hobbys, Spiele oder Basteln. Beim Fernsehen profitieren manche Patient*innen von Handarbeiten wie Stricken oder Häkeln. </li><li><strong>Bettfahrrad</strong>. Niereninsuffiziente Patient*innen entwickeln häufig während ihrer Dialyse RLS-Symptome. Ihnen hilft es, wenn sie während der Dialyse ein Bettfahrrad benutzen. </li></ul> </p><p class="bodytext">Hinweis: Vorsicht mit Entspannungsübungen. Es gibt Hinweise, dass autogenes Training oder die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen die RLS-Beschwerden verschlechtern können. Wer dies nach Entspannungseinheiten bemerkt, sollte darauf lieber verzichten. </p><p class="bodytext"><strong>Wann Medikamente ran müssen</strong> </p><p class="bodytext"> In manchen Fällen bleiben die Beschwerden trotz allgemeiner Maßnahmen und Eisengabe bestehen. Ist der Leidensdruck groß, sind im Gehirn wirkende Medikamente angezeigt. Dabei müssen jedoch die teils ausgeprägten unerwünschten Wirkungen der Medikamente bedacht und frühzeitig erkannt werden, um darauf zu reagieren. </p><p class="bodytext"><strong>Dopaminagonisten.</strong> Als Mittel der ersten Wahl gelten Dopaminagonisten. Sie werden eineinhalb bis zwei Stunden vor dem üblichen Beginn der Beschwerden eingenommen (Pramipexol oder Ropinirol) oder als Pflaster (Rotigotin) täglich neu aufgeklebt. Dabei verordnet die Ärzt*in die niedrigst wirksame Dosis, um eine sog. Augmentation zu vermeiden. Diese typische Komplikation der dopaminergen Therapie zeigt sich darin, dass die Beschwerden mit der Zeit deutlich früher beginnen, sich auf andere Körperteile ausbreiten, zunehmen oder die Wirkung der dopaminergen Substanz nachlässt. </p><p class="bodytext">Dopaminagonisten haben weitere Nebenwirkungen, die Patient*innen kennen müssen. In den ersten Wochen der Behandlung kann es zu Übelkeit, Schwindel und Benommenheit kommen. Bleiben diese unerwünschten Wirkungen bestehen, muss die Ärzt*in das Präparat absetzen oder austauschen. Eine weitere ernstzunehmende Nebenwirkung sind Impulskontrollstörungen, die bei jeder vierten Betroffenen auftreten. Dabei handelt es sich z. B. um Spiel- und Kaufsucht, zwanghaftes Essen und eine Steigerung der Libido. Kommt es dazu, muss die behandelnde Ärzt*in informiert und der Dopaminagonist ebenfalls abgesetzt werden. </p><p class="bodytext">Nach ärztlicher Rücksprache sofort abgesetzt wird der Dopaminagonist, wenn die Patient*in nachts wacher ist als ohne Therapie und die Tagesmüdigkeit erheblich zunimmt. Das Gleiche gilt, wenn es am Tag zu Schlafattacken kommt, die das Autofahren unmöglich machen. </p><p class="bodytext"><strong>Gabapentinoide. </strong>Pregabalin und Gabapentin sind wirksam gegen RLS-Beschwerden, in Deutschland dafür aber nicht zugelassen. Ihr Off-Label-Einsatz gilt den aktuellen Leitlinien zufolge als gerechtfertigt, wenn Dopaminagonisten z.B. aufgrund von Impulskontrollstörungen nicht gegeben werden können oder die Schmerzen besonders ausgeprägt sind. Vor allem bei älteren Patient*innen führen Gabapentinoide allerdings zu Schwindel, Gangstörungen, Benommenheit und Sehstörungen. </p><p class="bodytext"><strong>Opioide.</strong> Die Kombination von Oxycodon und Naloxon gilt als sicher und effektiv bei der Behandlung des RLS. Sie ist als zweite Wahl zugelassen, d.h. wenn andere Therapien versagt haben oder aufgrund von Nebenwirkungen nicht möglich sind. Neben unerwünschten Wirkungen wie Schwitzen, Juckreiz, Müdigkeit und Benommenheit droht bei chronischer Einnahme von Opioiden eine körperliche und psychische Abhängigkeit. </p><p class="bodytext">Neben diesen Wirkstoffen empfiehlt die RLS-Leitlinie zur Behandlung zwei nicht-medikamentöse Verfahren. So bessert die regelmäßige Bestrahlung der Beine mit Infrarotlicht die Beschwerden. Dahinter steckt vermutlich die Wirkung von Stickstoffmonoxid auf die Gefäße. Auch die transkutane spinale Gleichstromstimulation soll RLS-Beschwerden bessern. Dabei werden über der Wirbelsäule zwei Flächenelektroden aufgeklebt und niedrig dosierte Ströme appliziert. </p><p class="bodytext"><strong>Hinweis:</strong> Immer wieder werden auch Cannabinoide, Magnesium oder Benzodiazepine zur Behandlung des RLS vorgeschlagen. Aufgrund fehlender Wirknachweise empfiehlt die Leitlinie diese Therapien bisher nicht. Das Gleiche gilt für Laser- und Kältetherapien, Akupunktur und die pneumatische Kompression der Beine. </p><p class="bodytext">Quellen: <a href="https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-081l_S2k_Restless-Legs-Syndrom_2022-12.pdf" target="_blank">Leitlinie</a>, <a href="https://www.restless-legs.org/" target="_blank">Deutsche Restless Legs Vereinigung </a></p>
Was Männerknochen stabil hält
<p class="bodytext">Osteoporose ist kein reines Frauenproblem. Auch Männerknochen werden mürbe – und das meist mit drastischeren Folgen als bei Frauen. Lesen Sie hier, wann auch Männer an eine Osteoporose denken sollten und wie das Vorbeugen gelingt. </p><p class="bodytext"><strong>Später Bruch mit schweren Folgen </strong> </p><p class="bodytext">Eigentlich sind Männer in Sachen Knochenstabilität klar im Vorteil: Denn bei Ihnen ist die sogenannte „Knochenmasse“ in aller Regel prinzipiell höher als bei Frauen. Hinzu kommt, dass Männer keine Menopause durchmachen – also die Phase, in der Frauen hormonell bedingt am schnellsten und am meisten Knochenmasse verlieren. Doch auch bei Männern gilt: Nach dem dritten Lebensjahrzehnt nimmt die Knochenmasse kontinuierlich ab. Und zwar so stark, dasswahrscheinlich jeder zehnte Mann über 65 von Osteoporose betroffen ist. </p><p class="bodytext">Bei Männern reduziert sich die Knochenmasse allerdings eher schleichend. Deshalb kommt es bei im Vergleich zu Frauen meist erst viel später zu osteoporotischen Knochenbrüchen. Weil die betroffenen Männer dann aber schon sehr alt sind, stecken sie den Bruch deutlich schlechter weg als die vergleichsweise früher betroffenen Frauen. So zeigen Studien, dass über ein Drittel der Männer mit Hüftfraktur im ersten Jahr nach dem Trauma verstirbt. Und diejenigen, die überleben, kommen oft nicht mehr richtig auf die Beine. </p><p class="bodytext"><strong>Warum Männerknochen brechen </strong> </p><p class="bodytext">Und noch einen weiteren Unterschied zur „weiblichen“ Osteoporose gibt es. Frauen leiden in den meisten Fällen unter einer primären Osteoporose. Dazu zählt die Osteoporose auf Grund des altersbedingten Knochenabbaus und die postmenopausale Osteoporose. Die primäre Osteoporose wird begünstigt durch falsche Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel. </p><p class="bodytext">Bei Männern hingegen ist die Osteoporose meist – in zwei Drittel der Fälle -sekundär, d.h., der Auslöser sind andere Erkrankungen wie z. B. </p><p class="bodytext"><ul><li>Hormonstörungen wie Hypogonadismus, Schilddrüsenüberfunktion oder Hyperparathareoidismus</li><li>rheumatische Erkrankungen</li><li>Diabetes, chronische Nierenerkrankungen, Herzinsuffizienz</li><li>entzündliche Darmerkrankungen</li><li>alkoholische Lebererkankung, Alkoholismus. </li></ul> </p><p class="bodytext">Auch die Einnahme von Medikamenten kann zu einer sekundären Osteoporose führen. Besonders häufig ist dies bei Glukokortikoiden der Fall. Hier kommt es manchmal schon nach drei Monaten Glukokortikoidtherapie zu einer verringerten Knochendichte. Ebenfalls begünstigt wird die Osteoporose durch Arzneimittel gegen männliche Geschlechtshormone, die beim Prostatakrebs verschrieben werden. Weitere knochengefährdende Arzneimittel sind Protonenpumpeninhibitoren zur Behandlung von Magengeschwüren, bestimmte Antidepressiva (SSRI), Insulinsensitizer zur Behandlung des Diabetes mellitus oder Antiepileptika und Immunsuppressiva. </p><p class="bodytext"><strong>Tipp: </strong>Mit Hilfe eines <a href="https://www.osd-ev.org/osteoporose/osteoporose-test/" target="_blank">Online-Tests</a> kann man das eigene Osteoporose-Risiko abschätzen. Wer dabei mehr als fünf Fragen mit „Ja“ beantwortet, sollte das Thema Osteoporose bei der behandelnden Ärzt*in ansprechen. </p><p class="bodytext"><strong>Obacht bei Rückenschmerzen im Alter!</strong> </p><p class="bodytext">Leider ist es für Männer oft gar nicht so leicht, eine Osteoporose zu erkennen. Erst spät stellen sich Rückenschmerzen ein, z. B., wenn es durch den Knochenschwund zu Wirbelkörperbrüchen gekommen ist. Häufig wird eine Osteoporose auch dann entdeckt, wenn sich der Betroffene bei einem leichten Sturz Arm, Bein oder Hüfte bricht. </p><p class="bodytext">b aufgrund von Rückenschmerzen oder zur Abklärung eines verdächtigen Knochenbruchs: Diagnostiziert wird die Osteoporose mit bildgebenden Verfahren. Die Knochendichtemessung (Dual X-ray-Absorptiometry, kurz DEXA) gibt Auskunft über die Qualität des Knochens. Gemessen wird an der Lendenwirbelsäule, am Oberschenkelhals und am Oberschenkelknochen. Das Ergebnis ist der T-Wert, der die sogenannte Knochenmineraldichte widerspiegelt. Ausschlaggebend für die Diagnose ist der niedrigste der drei ermittelten Werte. Ein T-Wert ≤2,5 gilt nach Vorgaben der WHO als Osteoporose. Bei Werten zwischen -1 und -2,5 handelt es sich um eine Osteopenie, die Vorstufe der Osteoporose. </p><p class="bodytext">Neben der Knochendichtemessung helfen beim Verdacht auf Osteoporose auch konventionelle Röntgenaufnahmen. Sie zeigen auf, ob es schon zu osteoporotischen Veränderungen oder unbemerkten Brüchen an den Wirbelkörpern gekommen ist. Im Zweifel wird auch eine Kernspinuntersuchung herangezogen, da diese Veränderungen im Knochen noch deutlicher darstellt. </p><p class="bodytext">Blutuntersuchungen gehören beim Abklären einer Osteoporose ebenfalls dazu. Sie geben nicht nur Aufschluss darüber, wie es mit dem Kalzium- und dem Vitamin-D-Haushalt aussieht. Die Bestimmung von Hormonen, Nieren- und Leberwerten lässt zwischen einer primären und einer sekundären Osteoporose unterscheiden und die Ursache für eine zugrundeliegende Erkrankung erkennen. </p><p class="bodytext"><strong>Kalzium, Vitamin D</strong><strong> und Osteoporosemedikamente</strong> </p><p class="bodytext">Basis für die Knochengesundheit ist seine ausreichende Versorgung mit Kalzium (siehe unten). Ob neben der Ernährung eine zusätzliche Kalziumgabe in Form von Tabletten erforderlich ist, entscheidet die Ärzt*in. Das gleiche gilt für Vitamin D. Je nachdem wie hoch die Vitamin-D-Werte im Blut sind sind, rät die Ärzt*in zur Einnahme von Vitamin-D-Tabletten. Empfohlen wird dabei meist eine Tagesdosis von 800 bis 2000 IE (Internationale Einheiten). </p><p class="bodytext">Spezielle Osteoporosemedikamente verbessern die Knochendichte und beugen damit Knochenbrüchen vor. Es gibt zwei Wirkansätze: Antiresorptive Substanzen wie Bisphosphonate oder Denosumab hemmen den Knochenabbau. Osteoanabole Wirkstoffe wie das Parathormon-Analogon Teriparatid fördern den Knochenaufbau Ihr Einsatz hängt von der gemessenen Knochendichte und dem Alter ab. Je älter der Patient ist, desto früher sollte damit begonnen werden. Nach den Leitlinien sollen Männer unter 50 Jahren bei einem T-Wert ≤ -4,0 spezifische Osteoporosemedikamente erhalten, 75-jährige Männern dagegen schon bei einem T-Wert ≤ -2,0. </p><p class="bodytext"><ul><li><strong>Bisphosphonate</strong> wie Alendronat hemmen die Aktivität der knochenabbauenden Zellen und beugen nachgewiesenermaßen Knochenbrüchen vor. Ist noch kein osteoporotischer Knochenbruch aufgetreten, empfehlen Expert*innen die Einnahme für drei Jahre. Nach dem Absetzen geht man davon aus, dass der Knochen eine geraume Zeit stabil bleibt. Um dies zu überwachen sind regelmäßige Knochendichtemessungen erforderlich. Bisphoshonate können zu Magen-Darm-Unverträglichkeiten bis hin zu Magen- und Speiseröhrengeschwüren führen. Damit es dazu nicht kommt gelten folgende Einnahmeregeln:<ul><li>Tabletten immer morgens auf nüchternem Magen und in aufrechter Position einnehmen.</li><li>Dazu ein großes Glas Leitungswasser trinken.</li><li>Das Frühstück frühestens eine halbe Stunde später einnehmen (bei anderen Bisphosphonaten wie Etidronat muss man sogar zwei Stunden nüchtern bleiben).</li><li>Frühestens 30 Minuten nach Einnahme des Wirkstoffs wieder hinlegen.</li><li>Um die Aufnahme der Wirkstoffe zu gewährleisten sind andere Medikamente nur mit größerem zeitlichen Abstand einzunehmen. Entscheidend dafür sind die Hinweise im Beipackzettel des jeweiligen Bisphosphonats.</li></ul></li></ul> </p><p class="bodytext"><ul><li><strong>Denosumab.</strong> Ein weiterer Hemmstoff des Knochenabbaus ist der Antikörper Denosumab. Er ist speziell zugelassen für Männer mit Prostatakrebs, die sich einer Hormonablationstherapie unterziehen (also künstlich den Testosteronspiegel gesenkt bekommen) und dadurch ein erhöhtes Osteoporose- und Knochenbruchrisiko haben. Er wird alle sechs Monate unter die Haut gespritzt. </li><li><strong>Teriparatid.</strong> Für Männer mit besonders ausgeprägter Osteoporose und hohem Knochenbruchrisiko steht auch noch ein knochenaufbauender Wirkstoff zur Verfügung. Dabei handelt es sich um ein Analogon des körpereigenen Parathormons mit Namen Teriparatid. Es darf 24 Monate lang verabreicht werden, danach wird eine Therapie mit knochenabbauhemmenden Substanzen angeschlossen. </li></ul> </p><p class="bodytext">Insgesamt haben spezifische Osteoporosemedikamente eine ganze Reihe von Nebenwirkungen, weshalb sie meist nur für einen gewissen Zeitraum eingesetzt werden. </p><p class="bodytext"><strong>Hinweis:</strong> Bei der sekundären Osteoporose ist die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung essenziell, damit sich der Knochen erholen kann. Ist die Ursache des Knochenabbaus ein Medikament, muss die Ärzt*in prüfen, ob man dieses vielleicht absetzen oder austauschen kann. </p><p class="bodytext"><strong>Gezielt turnen und ins Korsett </strong> </p><p class="bodytext">Zum Behandlungskonzept bei Osteoporose gehören auch physiotherapeutische Maßnahmen. Denn nur durch gezielte Übungen lässt sich die Beweglichkeit erhalten oder wiederherzustellen. Durch die Belastung bessern sich auch der Knochenstoffwechsel und der Aufbau von Knochensubstanz. Ein spezielles Gang- und Standtraining soll zudem Stürzen vorbeugen. </p><p class="bodytext">Vor allem nach osteoporosebedingten Wirbelkörperbrüchen bekommt die Patient*in häufig ein modernes Stützkorsett verschrieben. Je nach Variante richten sie den Körper auf, geben Halt und fördern die aktive Korrektur der Wirbelsäule. Dadurch werden nicht nur die Schmerzen gelindert. Das Korsett ermöglicht auch, die Mobilität zu erhalten und Stürze zu verhindern. </p><p class="bodytext"><strong>Hinweis: </strong>Männer sind im Alter häufig weniger autark als Frauen. Für sie sind daher Rehabilitationsmaßnahmen besonders wichtig, um ein ausreichendes Maß an Selbstständigkeit zu gewinnen oder bewahren. </p><p class="bodytext"><strong>Gesunder Lebensstil beugt vor </strong> </p><p class="bodytext">Vor einer Osteoporose ist niemand gefeit, denn älter wird jeder und weitere Risikofaktoren dafür gibt es viele. Mit einem gesunden Lebensstil kann man aber zumindest der primären Osteoporose vorbeugen: </p><p class="bodytext"><ul><li><strong>Körperlich aktiv bleiben</strong>. Bewegung hält nicht nur den Knochen stark, sondern auch die ihn stützenden und führenden Muskeln, Sehnen und Bänder. Am besten ist es, täglich zu trainieren. Schon dreißig Minuten flottes Spazierengehen, Joggen oder Walken bringen den Stoffwechsel auf Trab und fördern damit auch die Versorgung des Knochens mit den nötigen aufbauenden Substanzen. Wer zusätzlich Muskelkraft und Koordination trainiert, beugt zudem Stürzen und damit Knochenbrüchen vor. Viele Fitnessstudios bieten spezielle Programme gegen Osteoporose an. Es lohnt sich, bei der Krankenkasse nachzufragen, ob diese die Kosten oder zumindest einen Teil davon übernimmt.</li><li><strong>Knochenfreundlich ernähren.</strong> Eine gesunde Ernährung ist das A und O für den Knochenaufbau. Empfohlen wird die Aufnahme von 1000 bis 1500 mg Kalzium pro Tag. Gut geeignet sind Milch, Käse und Joghurt, aber auch Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse. Eine Scheibe Emmentaler (30 g) enthält beispielsweise etwa 330 mg Kalzium, ein Glas Milch oder Kefir 240 mg. Spitzenreiter bei den Gemüsen sind gegarter Blattspinat (310 mg Kalzium pro 210-g-Portion) und gegarter Grünkohl (280 mg/160 g). Andere wichtige Substanzen wie Folsäure, Kalium und Vitamin B12 sind in einer gesunden Mischkost meist ohnehin ausreichend erhalten.</li><li><strong>Untergewicht vermeiden.</strong> Untergewicht ist ein Risikofaktor für die Osteoporose. Außerdem ist eine Gewichtsabnahme im Alter oft mit einem erhöhten Sturzrisiko verbunden. Der ideale Body Mass Index liegt zwischen 20 und 25.</li><li><strong>Raus an die frische Luft! </strong>Sonnenlicht fördert die Bildung von Vitamin D, das im Körper zu Calcitriol umgebaut wird. Calcitriol ist wiederum notwendig, damit Kalzium über den Darm aufgenommen und in den Knochen eingebaut wird. Liegt ein Vitamin-D-Mangel vor, ist nach ärztlichem Rat die Einnahme von Vitamin-D-Tabletten zu erwägen.</li><li><strong>Rauchen und Alkohol vermeiden. </strong>Rauchen verengt die Blutgefäße und verschlechtert dadurch die Versorgung der Knochen mit Nährstoffen. In der Folge ist der Knochenaufbau gestört und es entwickelt sich leichter eine Osteoporose. Auch übermäßiger Alkoholkonsum reduziert die Knochendichte: Alkohol hemmt die knochenaufbauenden Zellen und hat negative Wirkungen auf den Vitamin-D-Stoffwechsel. </li></ul> </p><p class="bodytext"><strong>Hinweis: </strong>Kalzium ist essenziell für die Knochen. Zuviel Kalzium ist aber auch nicht gesund. Bei einer täglichen Zufuhr über 1500 mg wird das Mineral über die Niere wieder ausgeschieden. Ist die Nierenfunktion gestört, lagert sich das im Organismus angesammelte Kalzium in Gefäßen und Geweben ab und trägt zur Verkalkung bei. </p><p class="bodytext">Quellen: DAZ 2021, Nr. 35, S. 4, RKI </p>
Entlastung für pflegende Angehörige
<p class="bodytext">Die Bereitschaft, sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, ist in unserer modernen Gesellschaft immer noch groß, auch wenn sich die Familienstrukturen ändern. Mehr als zwei Drittel der Pflegebedürftigen in Deutschland (2003 waren dies 1,44 Millionen Menschen) werden nach Angaben des statistischen Bundesamts zu Hause versorgt, zumeist umfassend von Familienmitgliedern im Rahmen der Angehörigenpflege (von den professionellen, also staatlich examinierten Altenpflegern auch Laienpflege genannt). </p><p class="bodytext">Die Hauptpflegepersonen sind vorwiegend Ehefrauen, Töchter und Schwiegertöchter. Sie übernehmen damit häufig Aufgaben, die sie an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit führen, insbesondere dann, wenn sich der Pflegebedarf über einen langen Zeitraum erstreckt. Damit der pflegende Angehörige nicht selbst psychisch oder körperlich krank wird und auch sein eigenes Leben noch leben kann, sollte er sich über entlastende und unterstützende Maßnahmen informieren und beraten lassen. Häufig liegen bei Hausärzten oder Krankenkassen kostenlose Informationsbroschüren für pflegende Angehörige aus. Je nach Bedarf können Angehörige an Pflegekursen teilnehmen, die von den Krankenkassen finanziert werden. </p><p class="bodytext"><strong>Ambulante Pflegedienste</strong> können pflegende Angehörige bei den täglich zu bewältigenden pflegerischen Verrichtungen unterstützen oder spezielle Pflegetätigkeiten übernehmen. Grundlage hierfür ist ein Vertrag, in dem Leistungen und Kosten detailliert vereinbart werden. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten, wenn der Hilfebedarf zuvor von einem Gutachter bestätigt wurde. Dank eines pauschal bewilligten Pflegegelds können Betroffene und deren Angehörige auch eine Kombination aus Angehörigenpflege, professioneller Pflege und zusätzlicher Haushaltshilfe vereinbaren (Pflegeversicherungsgesetz). Pflegedienste vermitteln übrigens auch Kontakte zu Anbietern von „Essen auf Rädern“, zu Fußpflegern, Frisören oder Begleitpersonen für Spaziergänge. </p><p class="bodytext"><strong>Tagespflege-Einrichtungen</strong> betreuen alte Menschen stundenweise. Mit zum Angebot gehören Mahlzeiten und Transportfahrten. Ein regelmäßiger Aufenthalt in anderer Umgebung und Kontakt zu Gleichaltrigen kann anregend und förderlich für den Pflegebedürftigen sein und ermöglicht den Angehörigen eine regelmäßige Entlastung. Die Pflegeversicherung übernimmt die Kosten bis zu einem jeweils festgelegten monatlichen Höchstbetrag. </p><p class="bodytext"><strong>Kurzzeitpflege</strong> nennt man die vorübergehende Unterbringung eines Pflegebedürftigen in einem Pflegeheim. Sie ist angebracht und möglich, wenn pflegende Angehörige verreisen müssen oder selbst krank werden. Pflegende Angehörige können auch ein Verhinderungspflegegeld beantragen, wenn sie jährlich eine Auszeit benötigen. Mit dieser Zuwendung lässt sich entweder eine Kurzzeitpflege realisieren oder eine häusliche Pflege durch ambulante Dienste einrichten. </p><p class="bodytext">Bevor Sie sich für ein Pflege- oder Betreuungsangebot entscheiden: </p><p class="bodytext"><ul><li>Lassen Sie sich Prospekte über das Leistungsspektrum und das Selbstverständnis der Einrichtung aushändigen. </li><li>Bitten Sie zusätzlich um ein Gespräch mit dem Leiter der Einrichtung. Fragen Sie detailliert nach den Kosten, insbesondere für Wahl- und Sonderleistungen, und lassen Sie sich bei der Finanzierung beraten. </li><li>Sprechen Sie Ihren konkreten Bedarf, Ihre speziellen Wünsche an und klären Sie, was realisiert werden kann und was nicht. </li><li>Lassen Sie sich den Versorgungsvertrag bzw. den Heim- oder Pflegevertrag genau erklären. </li><li>Unterschreiben Sie nie sofort einen Vertrag; nehmen Sie sich mehrere Tage Bedenkzeit. </li></ul> </p><p class="bodytext"> </p><p class="bodytext"><p class="infobox">Weiterführende Informationen</p> </p><p class="bodytext"><ul><li>Im Internet gibt es hilfreiche Informationen z. B. auf den Websites der Krankenkassen wie etwa der der AOK, Bonn: <a href="http://www.aok-bv.de/gesundheit/pflege/" target="_blank">www.aok-bv.de/gesundheit/pflege/</a> – oder der kommerziellen Website der betapharm Arzneimittel GmbH, Augsburg: <a href="http://www.betacare.de" target="_blank">www.betacare.de</a>. Die meisten Krankenkassen beraten auch telefonisch. Dort erfahren Sie, welche Pflegeeinrichtungen es in Ihrer Nähe gibt, welche Leistungen möglich sind und was diese kosten. </li><li>betapharm Arzneimittel (Hrsg.): betaListe. Lexikon für Sozialfragen. MMI – Medizinische Medien Informations GmbH, 2004. Das Buch ist für manche vielleicht übersichtlicher als die Website – und besonders geeignet zum Finden aller juristisch relevanten Informationen im Kontext Pflege. </li><li><a href="http://www.pflegestufe.info" target="_blank">www.pflegestufe.info</a> – Private Website eines Altenpflegers, Essen: Professionelle, sehr übersichtliche und praxisbezogene Internetseite. </li><li><a href="http://www.pflegeversicherung.info" target="_blank">www.pflegeversicherung.info</a> – Serviceseite der Deutschen Krankenversicherung AG (DKV, Köln): Infos und Tipps zu Pflegestufen, Tarifen und Antragstellung. </li><li>W. Büser; N. Scheele: Pflegefall – was tun? Leistungen der Pflegeversicherung und anderer Träger verständlich gemacht. Verbraucher-Zentrale NRW (Hrsg.), 2005. Übersichtlich und praxisnah gestalteter Ratgeber mit Tipps und Fallbeispielen zur Einstufungs-, Rechts- und Finanzierungsproblematik. </li><li>G. Born et al.: Pflegende Angehörige. Balance zwischen Fürsorge und Entlastung. Verbraucher-Zentrale NRW (Hrsg.), 2003. Ein Ratgeber, der alle Probleme des (zukünftig) Pflegenden realistisch aufgreift und einen guten Leitfaden bietet. Mit ausführlichem Literatur- und Adressenanhang. </li><li>Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.): Pflegen Zuhause und Pflegeversicherung. Diese Ratgeber können Sie bestellen oder kostenlos herunterladen auf der Internetseite des Bundesministeriums <a href="http://www.bmg.bund.de" target="_blank">www.bmg.bund.de</a>, Rubrik Pflege unter Ratgeber/Publikationen. </li></ul></p>
Ambulante und häusliche Pflege
<p class="bodytext">Die ambulante Pflege ermöglicht alten Menschen, auch bei zunehmender Gebrechlichkeit in der gewohnten Umgebung zu leben. Bei der Auswahl des Pflegediensts gibt es viele Kriterien, die vorher geprüft werden sollten. Neben der Fachkompetenz spielt vor allem Sympathie eine Rolle, wenn dauerhafte Unterstützung in der eigenen Wohnung erforderlich wird. </p><p class="bodytext"><strong>Ambulante Pflegedienste</strong> können pflegende Angehörige bei den täglich zu bewältigenden pflegerischen Verrichtungen unterstützen oder spezielle Pflegetätigkeiten übernehmen. Grundlage hierfür ist ein Vertrag, in dem Leistungen und Kosten detailliert vereinbart werden. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten, wenn der Hilfebedarf zuvor von einem Gutachter bestätigt wurde. Dank eines pauschal bewilligten Pflegegelds können Betroffene und deren Angehörige auch eine Kombination aus Angehörigenpflege, professioneller Pflege und zusätzlicher Haushaltshilfe vereinbaren (Pflegeversicherungsgesetz). Pflegedienste vermitteln übrigens auch Kontakte zu Anbietern von „Essen auf Rädern“, zu Fußpflegern, Frisören oder Begleitpersonen für Spaziergänge. </p><p class="bodytext">Eine hilfreiche Einrichtung für Pflegebedürftige ist das <strong>Hausnotrufsystem.</strong> Voraussetzung für die Installation ist lediglich ein Telefonanschluss in der Wohnung. Sowohl an der Basisstation des Telefons als auch an einem tragbaren Funkgerät ist eine Meldetaste eingerichtet, die bei Bedarf nur gedrückt werden muss, um Hilfe herbeizurufen. </p>
Immobilität
<p class="bodytext"> </p><p class="bodytext"><strong>Immobilität</strong><u> (Unbeweglichkeit):</u> Unfähigkeit, sich selbstständig zu bewegen. Häufig Folge eines Unfalls oder einer Erkrankung und damit einhergehender dauerhafter Bettlägerigkeit. Dauerhafte Immobilität führt nicht nur zum Abbau der Muskeln und damit der körperlichen Leistungsfähigkeit, sondern schränkt die Betroffenen massiv in ihrer persönlichen Handlungsfähigkeit und Autonomie ein. Die Folgen sind ein hoher Pflegebedarf und soziale Isolation. </p><p class="bodytext"><p class="selbsthilfe">Unterstützung durch Angehörige </p> </p><p class="bodytext">Das Zauberwort gegen die Unbeweglichkeit heißt <strong>Mobilisierung</strong><u> (Mobilisation).</u> Sie bedeutet in der Praxis harte Arbeit, und zwar sowohl vom (bisher) immobilen, bettlägerigen Patienten als auch von den Angehörigen. Es ist deshalb unerlässlich, dass der Arzt therapiebegleitend eine physiotherapeutische Behandlung verordnet, die mit Hilfestellungen für die Angehörigen verbunden sein sollte. </p><p class="bodytext">Die einzelnen Schritte zur Mobilisierung hängen auch von der Grunderkrankung ab. Sie sind z. B. unter Schlaganfall ausführlich beschrieben. </p><p class="bodytext">Um die Erfolge bei der Mobilisierung nicht gleich wieder durch Hautprobleme und Schmerzen zunichte zu machen, erfordert die Unterstützung bei den Ausscheidungen (Urin, Stuhlgang) sowie die Körperpflege besonderes Augenmerk, denn Immobile schwitzen besonders viel. Gefährdet sind vor allem die Bereiche mit Hautfalten, z. B. die Brustfalten bei Frauen, Bauch- und Nackenfalten bei übergewichtigen Kranken, aber auch die Leistenbeugen, die Oberschenkelinnenseiten, die Zehenzwischenräume und die Analfalte. Zum Schutz vor Entzündungen müssen diese Körperstellen besonders sorgfältig gewaschen und getrocknet werden. Eine milde Seife ist erforderlich, um Schweiß wirklich zu entfernen. Aus Hygienegründen sollten Sie: </p><p class="bodytext"> </p><p class="bodytext"><ul><li>Zum Waschen des Intimbereichs Einweghandschuhe anziehen </li><li>Waschwasser, Handtuch und Lappen vor dem Waschen des Intimbereichs wechseln, am besten Einwegwaschlappen nutzen </li><li>Das Gesäß möglichst zum Schluss in Seitenlage waschen. </li></ul> </p><p class="bodytext">Bei Kranken, die stark schwitzen, können diese Stellen nach dem Waschen und Trocknen auch dünn gepudert werden. Zum Trockenhalten eignen sich kleine Leinenläppchen oder ausgezogene Mulltupfer, die zwischen die Hautfalten gelegt und bei jedem Waschen erneuert werden. </p>
Mangelernährung
<p class="bodytext"> </p><p class="bodytext"><strong>Mangelernährung:</strong> Unter- oder Fehlernährung, bei der die bedarfsgerechte Energie- und Nährstoffzufuhr nicht (mehr) gewährleistet ist. Im Extremfall kommt es zur körperlichen Auszehrung (Kachexie) und zum Kräfteverfall des Betroffenen. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 1,5 Millionen der über 60-Jährigen unter chronischer Mangelernährung leiden. </p><p class="bodytext"><h4><strong>Leitbeschwerden </strong></h4> </p><p class="bodytext"><ul><li>Einseitige Essgewohnheiten (z. B. nur noch Tütensuppen oder Toastbrot) </li><li>Appetitlosigkeit (Auslassen oder Ablehnen von Mahlzeiten) </li><li>Gewichtsabnahme </li><li>Eingefallenes Gesicht und knochige Hände </li><li>Konzentrationsschwierigkeiten, Müdigkeit und Erschöpfung </li><li>Infektanfälligkeit (Schwächung des Immunsystems) </li><li>Brüchige und stark gerillte Fingernägel (Hinweis auf Eisen- oder Vitaminmangel) </li><li>Weißgetüpfelte Fingernägel (Hinweis auf Kalziummangel). </li></ul> </p><p class="bodytext"><h4><strong>Die Erkrankung</strong> </h4> </p><p class="bodytext">Fehl- und Mangelernährung sind zu einer der häufigsten, aber am wenigsten beachteten Krankheiten im Alter geworden. Laut einer Ernährungsstudie waren rund 60 % der über 75-jährigen Patienten bei Aufnahme in ein Krankenhaus unterernährt. Da die Übergänge von ungesundem Essverhalten zur Mangelernährung meist schleichend sind, wird die Krankheit von den Betroffenen, den Angehörigen oder dem Pflegepersonal oft nicht rechtzeitig wahrgenommen. Die quantitative Mangelernährung, bei der insgesamt zu wenig gegessen wird, macht sich nach einiger Zeit durch Gewichtsabnahme bemerkbar. Bei der qualitativen Mangelernährung handelt es sich meist um eine zu einseitige Ernährung, die nicht zwangsläufig mit Gewichtsverlust einhergeht. Vielmehr wird aufgrund der unausgewogenen Nahrungszusammensetzung der Bedarf an bestimmten Nährstoffen nicht gedeckt. </p><p class="bodytext">Es gibt viele Gründe, die dazu beitragen, dass ältere Mensche über Monate oder Jahre hinweg zu wenig nährstoffreiche Nahrung zu sich nehmen: </p><p class="bodytext"><ul><li>Durch die Abnahme der Geschmacksknospen auf der Zunge verändert sich im Alter das Geschmacksempfinden. Das kann z. B. dazu führen, dass alte Menschen die Geschmacksrichtung „süß“ besonders gut wahrnehmen und dementsprechend nur Süßes zu sich nehmen (wollen). </li><li>Durch das veränderte Beiß- und Kauvermögen wird das Essen anstrengender. In der Folge stehen gut schluckbare Lebensmittel wie Milchbrei, Fertigsuppen, Pudding oder Weißbrot ganz oben auf dem Speisezettel. </li><li>Fehlende Sozialstruktur: Viele alte Menschen leben allein und haben häufig kein Interesse, für sich selbst einzukaufen und zu kochen. </li><li>Vergesslichkeit: Viele alte Menschen haben keine feste Tagesstruktur und vergessen einfach, regelmäßig Nahrung zu sich zu nehmen. </li><li>Essensvorlieben und -verhaltensweisen ändern sich nicht mehr im Alter. Das wird vor allem im Heim zum Problem. Nicht selten reagiert der Betroffene mit Nahrungsverweigerung. </li><li>Verwitwete haben nach dem Tod ihres Partners Probleme, nur noch für einen zu kochen (Frauen) bzw. für sich selbst zu sorgen (Männer). </li></ul> </p><p class="bodytext"><p class="selbsthilfe"><strong>Unterstützung durch Angehörige </strong></p> </p><p class="bodytext">Einen Angehörigen vor Mangelernährung zu bewahren, erfordert Fingerspitzengefühl. Es gibt keine Standardrezepte, wann im Einzelfall kurzfristig interveniert und wann besser gewartet werden soll. Deshalb sind die folgenden Hinweise in der Praxis auch nicht direkt umsetzbar, wohl aber umfassen sie die Punkte, an die es zu denken gilt: </p><p class="bodytext"><span class="spitzmarke"><strong>Appetitlosigkeit.</strong></span> Gemeinsam schmeckt es besser. Menschen, die allein essen müssen, verlieren schnell den Appetit. Der Genuss am Essen steigt, wenn Mahlzeiten gemeinsam vorbereitet und eingenommen werden. </p><p class="bodytext">Wünsche erfragen und Bedürfnisse berücksichtigen. Jeder Mensch hat nicht nur Lieblingsspeisen und -getränke, sondern auch jahrelang „erprobte“ Essgewohnheiten und Abneigungen. Oft kann es mit ein wenig Geduld gelingen, durch Lieblingsspeisen die Lust am Essen wieder zu aktivieren. </p><p class="bodytext">Bewegen! Appetitlosigkeit ist oft auf Bewegungsmangel zurückzuführen. Durch körperliche Aktivität werden Stoffwechsel und Verdauung angeregt. Auch bei älteren Menschen, die sich nicht mehr selbstständig bewegen können oder einfach viel Zeit in ihrer Wohnung verbringen, wirkt ein tägliches Mindestmaß an körperlicher Aktivität manchmal Wunder. </p><p class="bodytext">Auch säuerliche Speisen oder Säfte und Zitrusfrüchte regen den Appetit an. Grundsätzlich gilt: Lieber fünf bis sechs kleine Mahlzeiten einnehmen als drei große. Üppige Mahlzeiten belasten unnötig die Verdauungsorgane und somit das Herz-Kreislauf-System. </p><p class="bodytext"><span class="spitzmarke"><strong>Kau- und Schluckbeschwerden.</strong></span> Kauprobleme sind häufig darauf zurückzuführen, dass die Zahnprothese nicht mehr fest sitzt, weil der Kiefer im Alter schrumpft. Der Zahnarzt kann hier helfen. Kauprobleme sollten kein Grund sein für ausschließlich weiche oder breiige Nahrung. Oft reicht es, z. B. harte Brotrinde zu entfernen, statt Toastbrot zu essen. Um das Kauen zu erleichtern, kann die Nahrung auch zerkleinert werden, ein geschälter und klein geschnittener Apfel z. B. schmeckt auch alten Menschen gut und enthält viel wichtiges Vitamin C. </p><p class="bodytext">Menschen mit Schluckbeschwerden müssen beim Essen aufrecht sitzen. Um sich nicht zu verschlucken, sollte man erst trinken, wenn der Mund leer von Essensresten ist. Auf (zu) feste Nahrung sollte verzichtet werden, stattdessen können pürierte Speisen und Getränke mit Dickungsmitteln (z. B. Johannisbrotkernmehl) an die Bedürfnisse des Kranken angepasst und löffelweise gegeben werden. Gesund und nährstoffreich sind z. B. auch Kefir, Buttermilch, frisch gepresste Säfte (Obst und Gemüse), mit Joghurt pürierte Früchte oder Cremesuppen. Aber auch in Apotheken erhältliche Trink- und Zusatznahrung (z. B. <span class="handelsname">Biosorb®</span>, <span class="handelsname">Clinutren 1.5®</span>) kann bei Gefahr einer Mangelernährung durch Schluck- und Kaubeschwerden helfen. </p><p class="bodytext"><div class="gh_leuchtstift">Bei Menschen mit extremen Schluckstörungen besteht die Gefahr, dass sie sich z. B. bei zu schneller Nahrungszufuhr lebensbedrohlich verschlucken und ersticken. Die Ursachen für Schluckstörungen sollten auf jeden Fall medizinisch geklärt werden. Logopäden bieten ein Schluck- und Kautraining an. </div> </p><p class="bodytext"><span class="spitzmarke"><strong>Nährstoffmangel.</strong></span> Bei Übergewicht sollte die Ernährung so schnell wie möglich auf nährstoffreiche Lebensmittel umgestellt, kohlenhydrat- und fettreiche Nahrung hingegen vermieden werden. Nährstoffreich ist eine ausgewogene Mischkost mit reichlich Getreideprodukten, Kartoffeln, Obst und Gemüse, Milchprodukten, Geflügel und Fisch. Auf übermäßigen Genuss von Fleisch und Wurst, Eiern, süßen und fettreichen Lebensmitteln (Sahnetorten) sollte man verzichten. </p><p class="bodytext">Manche Experten empfehlen älteren Menschen, <i>generell</i> auf fettarme Nahrungsmittel auszuweichen, doch ist die Low-Fat-Strategie inzwischen umstritten. Deshalb können ältere Menschen essen, was ihnen schmeckt, und wenn es der Sahnequark auf dem Brötchen und die Obsttorte am Wochenende ist. Aber die Qualität und die Ausgewogenheit der Lebensmittel sollte im Mittelpunkt stehen. </p><p class="bodytext">Ist der Betroffene untergewichtig, benötigt er nährstoff- <i>und</i> energiereiche Nahrung. Wenn das mit normaler Ernährung nicht ausreichend möglich ist, sollte der Patient unter ärztlicher Aufsicht energie- oder eiweißreiche Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen. Der Energiegehalt der Nahrung lässt sich aber auch mit Hilfe von Butterflocken, z. B. in der Milchsuppe oder im Pudding, erhöhen; auch Sahnespeisen oder Hühnerbrühe sind gute Energielieferanten. Darüber hinaus bieten Apotheken geschmacksneutrale Pulver zur Anreicherung von Speisen und Getränken an (z. B. <span class="handelsname">Clinutren Additions®</span>). Meistens genügt die Einnahme dieser Mittel über wenige Wochen, bis sich das Gewicht des Betroffenen stabilisiert hat. </p><p class="bodytext"><span class="spitzmarke"><strong>Einkaufsprobleme.</strong></span> Erkundigen Sie sich nach offenen Mittagstischen von Sozialeinrichtungen oder Pflegeheimen in Ihrer Nähe. Für Menschen, die sich nicht mehr selbstständig aus der Wohnung bewegen können, bietet sich „Essen auf Rädern“ an. Die meisten großen Supermärkte verfügen heutzutage über einen Einkaufsdienst, der Lebensmittel nach Hause liefert. </p><p class="bodytext"><span class="spitzmarke"><strong>Spezialbecher oder -bestecke,</strong></span> die es im Sanitätshaus gibt, können die Zubereitung und Aufnahme von Nahrung und Getränken bei einigen Erkrankungen oder Behinderungen erleichtern, z. B. bei der Parkinson-Krankheit. </p><p class="bodytext"><span class="spitzmarke"><strong>Künstliche Ernährung.</strong></span> Wenn die selbstständige Ernährung nicht mehr möglich ist, wird der Arzt eine künstliche Ernährung in Betracht ziehen, z. B. durch eine PEG-Sonde. Mit entsprechender Unterstützung durch Pflegekräfte kann diese Ernährung auch zu Hause durchgeführt werden. Vor- und Nachteile sind sorgfältig gegeneinander abzuwägen. </p><p class="bodytext"><p class="vorsorge"><strong>Vorsorge</strong></p> </p><p class="bodytext"><span class="spitzmarke"><strong>Nährstoffbedarf.</strong></span> Es ist ein Irrglaube, dass der Körper im Alter weniger Nahrung benötigt. Nur der Energieumsatz sinkt, das heißt, der Körper braucht weniger Fette und Kohlenhydrate, aus denen er Energie gewinnt. So sinkt der Kalorienbedarf im Alter um rund 500 Kalorien (kcal) oder etwa eine halbe Tafel Schokolade. 1 800 kcal für Frauen und 2 300 kcal für Männer empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Senioren. Der Bedarf an Eiweiß, Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen hingegen bleibt unverändert und steigt bei chronischen Krankheiten sogar an. Daher sollten alte Menschen vor allem Nahrungsmittel mit hoher Nährstoff- und geringer Kaloriendichte wie z. B. magere Fleisch- und Käsesorten, Quark, Gemüse und Vollkornprodukte essen. </p><p class="bodytext"> </p><p class="bodytext"><p class="infobox">Weiterführende Informationen</p> </p><p class="bodytext"><ul><li><a href="http://www.dsl-mangelernaehrung.de" target="_blank">www.dsl-mangelernaehrung.de</a> – Deutsche Seniorenliga e. V., Bonn: Übersichtlich gestaltete Internetseite mit vielen Praxistipps und Broschüren zum Herunterladen. </li><li><a href="http://www.dgem.de" target="_blank">www.dgem.de</a> – Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V., Berlin: Fachärztliche Leitlinien zur (enteralen) Ernährung und zum Energiebedarf im Alter. Auch zum Herunterladen als PDF. </li><li>M. M. Schreier; S. Bartholomeyczik.: Mangelernährung bei alten und pflegebedürftigen Menschen. Schlütersche, 2004. Aufgegriffen werden psychologische Zusammenhänge und Risikofaktoren, die eine Mangelernährung birgt. Hilfreich für Pflegende. </li></ul></p>
Stuhlinkontinenz
<p class="bodytext"> </p><p class="bodytext"><strong>Stuhlinkontinenz</strong> (Darminkontinenz, anorektale Inkontinenz, Incontinentia alvi): Unfähigkeit, den Stuhl zurückzuhalten. Die Stuhlinkontinenz tritt häufig im fortgeschrittenen Stadium von Demenz auf und ist sowohl für die Betroffenen als auch für die Pflegenden eine große Belastung. </p><p class="bodytext"><h4><strong>Die Erkrankung</strong> </h4> </p><p class="bodytext">Normalerweise verschließt ein kompliziertes Schließmuskelsystem den Darmausgang. Zahlreiche Faktoren können dieses komplexe Zusammenspiel der Muskeln jedoch stören: </p><p class="bodytext"><ul><li> Neurologische Störungen wie Schlaganfall oder Multiple Sklerose</li><li>Darmverletzungen und -tumoren (z. B. Mastdarmkrebs) </li><li>Entzündliche Prozesse in der Afterregion wie Fisteln bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Hämorrhoiden </li><li>Manchmal kann auch eine chronische Verstopfung durch anfallsweisen, nicht beherrschbaren Stuhldrang zur Verdachtsdiagnose Stuhlinkontinenz Anlass geben. </li></ul> </p><p class="bodytext"><p class="das_macht_arzt"><strong>Das macht der Arzt </strong></p> </p><p class="bodytext">Die Diagnostik ergibt sich aus Art und Häufigkeit der Inkontinenzepisoden. Eine gezielte Therapie der Stuhlinkontinenz ist im hohen Lebensalter leider nur selten möglich. Bei einer chronischen Darmentzündung werden z. B. Arzneimittel verabreicht, Tumoren werden operativ entfernt. </p><p class="bodytext"><p class="selbsthilfe"><strong>Unterstützung durch Angehörige </strong></p> </p><p class="bodytext">Zu den unterstützenden Pflegemaßnahmen gehört vor allem das <strong>Darmtraining:</strong> Der Betroffene geht täglich zu einem festgelegten Zeitpunkt (z. B. nach dem Frühstück oder Mittagessen) auf die Toilette, auch wenn er keinen Stuhldrang spürt. Auf diese Weise gewöhnt sich der Darm daran, sich zu einem festgelegten Zeitpunkt zu entleeren. Um das Zurückhalten des Stuhls zu üben, hilft es, den Schließmuskel täglich mehrmals willkürlich zusammenzukneifen und den Beckenboden zu trainieren. </p><p class="bodytext">Nach jeder Darmentleerung muss die Analregion des Betroffenen gründlich mit Wasser (oder Babyöl) gereinigt und gut abgetrocknet werden. Um Entzündungen vorzubeugen, tragen Sie danach Wund- und Heilpasten auf (z. B. <span class="handelsname">Kamillosan®</span>, <span class="handelsname">Multilind®</span>). Desinfizieren Sie beschmutzte Gegenstände nach dem Reinigen, z. B. mit <span class="handelsname">Sagrotan®-</span>Spray oder Tüchern. </p><p class="bodytext"><span class="spitzmarke"><strong>Hilfsmittel.</strong></span><strong> Fäkalkollektoren</strong> werden am Anus angeklebt und fangen so den austretenden Stuhl in einem Beutel auf. Der Fäkalkollektor ist zweckmäßig, wenn der Stuhl sehr flüssig ist und kontinuierlich ausgeschieden wird. So wird die Haut geschützt, und die Pflege wird vereinfacht. Fäkalkollektoren eignen sich jedoch nur kurzzeitig bei komplett bettlägerigen Kranken, aber nicht, wenn sie teilmobil oder mobil sind. </p><p class="bodytext"><strong>Analtampons</strong> sind aus weichem Schaumstoff und werden direkt in den Anus eingeführt. Sie verhindern, dass Stuhl austreten kann. Verspürt der Betroffene Stuhldrang, kann er den Tampon auf der Toilette leicht entfernen und sich entleeren. Analtampons sind zur kurzfristigen Linderung einer Stuhlinkontinenz geeignet. </p><p class="bodytext"> </p><p class="bodytext">Darüber hinaus gibt es Slipeinlagen, Inkontinenzeinlagen oder Inkontinenzslips, die in die Unterwäsche eingelegt werden und den Stuhl auffangen. Die Einlagen gibt es in allen Größen und Stärken in Apotheken und im Sanitätsfachhandel. </p><p class="bodytext"><span class="spitzmarke"><strong>Mit der Situation umgehen.</strong></span> Unangenehme Gerüche lassen sich durch Frischluft und Desinfektionsmittel schnell beseitigen. Die meisten Pflegemaßnahmen bei Stuhlinkontinenz bedeuten jedoch immer auch ein unfreiwilliges Eindringen in die Intimsphäre des Menschen. Wie schwierig und unangenehm dies sowohl für die Betroffenen als auch für die Pflegenden ist, können Außenstehende oft nur erahnen. Angehörigen und Pflegepersonal wird viel Einfühlungsvermögen und Taktgefühl abverlangt; manchmal fühlen sich Angehörige überfordert und brauchen Übung und Rat, um in belastenden Situationen mit pflegebedürftigen Menschen umgehen zu können. Dazu gehört auch, den Anblick von Stuhl, Erbrochenem oder durchnässten Betttüchern auszuhalten. Und das ist bis zu einem gewissen Grad lernbar. </p><p class="bodytext">Offenheit ist wichtig. Niemanden ist damit geholfen, wenn Gefühle mit Gewalt unterdrückt werden. Auch den Betroffenen nicht. Gelassenheit, Ehrlichkeit und Humor können so manche Situation entspannen. Wenn z. B. das Bett beschmutzt ist, darf man getrost sagen: „Oh, das ist ja eine schöne Bescherung.“ Und mit einem weiteren Satz wie „Ich mache mal schnell das Fenster auf“, lässt sich die Situation besser meistern, als hektisch und verkrampft den Schaden zu beseitigen oder so zu tun, als sei nichts geschehen. </p><p class="bodytext">Es erleichtert den Betroffenen, wenn er so schnell wie möglich aus seiner unangenehmen Lage befreit wird. </p><p class="bodytext">Beim Reinigen sollten Einweghandschuhe und eine Plastikschürze benutzt werden, die es in der Apotheke gibt und die anschließend entsorgt werden können. </p><p class="bodytext">Lässt es anschließend Ihre Zeit zu, tut es gut, für ein paar Minuten (oder länger) einfach etwas Abstand zu bekommen, indem man z. B. eine gut riechende Creme aufträgt und einmal tief an der frischen Luft durchatmet. </p><p class="bodytext">Die meisten Informationsangebote zur Harninkontinenz behandeln auch die Stuhlinkontinenz. </p>
Juristische Fragen am Ende des Lebens
<p class="bodytext">Wer eine palliativmedizinische Versorgung möchte, will sehr oft keine maximale medizinische Weiterbehandlung. Diese Willenserklärung ist solange kein Problem und vom Arzt ohne Wenn und Aber zu akzeptieren, solange der Patient in vollem Umfang geschäftsfähig ist. Oft ist dies aber nur noch mit Einschränkungen der Fall. Gerade ältere Menschen schätzen in dieser Lebensphase komplizierte medizinische Sachverhalte nicht mehr richtig ein. Das ändert aber nichts an dem Recht des Patienten, bis zum Schluss selbst über seine Behandlung oder Nichtbehandlung zu entscheiden. In einer <strong>Patientenverfügung</strong> können sie deshalb schon zu einem frühen Zeitpunkt ihren Willen festhalten. </p><p class="bodytext">Seit dem 1. September 2009 ist in Deutschland ein neues Patientenverfügungsgesetz (PatVerfG) in Kraft. Danach sind Patientenverfügungen für Ärzte und Betreuer verpflichtend. Die Bestimmungen aus der Patientenverfügung sind damit wichtiger als die Tatsache, wie der Arzt eine Krankheitslage einschätzt. Er muss sie unabhängig von Art oder Stadium der Verletzung bzw. Krankheit beurteilen. Das schließt ein, dass er unter Umständen das Ziel zurückstellen muss, Leben zu erhalten. Patientenverfügungen haben seither zudem eine größere Reichweite. Nun gelten sie auch bei Erkrankungen wie Wachkoma und Demenz, selbst wenn der Tod zeitlich noch nicht absehbar ist. Patienten können außerdem für möglicherweise eintretende Krankheitsfälle bereits im Vorfeld festlegen, welche Therapien sie wollen und welche nicht. Voraussetzung ist, dass die Verfügung schriftlich vorliegt. Um eine Patientenverfügung zu widerrufen, gilt dagegen auch eine mündliche Äußerung. </p><p class="bodytext">Patientenverfügungen mit einer Auflistung von 120 Situationen – wie sie in den USA üblich sind – binden den Arzt in ein Handlungskorsett, in dem er sich nicht viel bewegen kann, was sich letztlich oft sogar gegen die Interessen des Patienten richtet, der irgendetwas angekreuzt hat, das er nicht absehen konnte und was dann im Ernstfall auch nicht mehr seinen aktuellen Interessen entspricht. </p><p class="bodytext">Ist der Patient nur noch eingeschränkt geschäftsfähig, und kann er sich nicht mehr eindeutig artikulieren, müssen die Angehörigen den mutmaßlichen Willen des Patienten darstellen. Sie dürfen aber nur „übersetzen“ und nicht ihre eigenen Vorstellungen oder gar Interessen in den Vordergrund rücken. Das aber findet oft statt. Deshalb stellen die Ärzte die Äußerungen der Angehörigen über den vermeintlichen Willen des Patienten häufig infrage. </p><p class="bodytext">Hier hilft die <strong>Vorsorgevollmacht.</strong> Sie bevollmächtigt eine Vertrauensperson, im Fall der Geschäftsunfähigkeit rechtswirksam zu handeln. Ihre Erklärungen sind verbindlich. Einzelne Kompetenzen wie Finanzgeschäfte, Gesundheitsangelegenheiten, Aufenthaltsbestimmungen etc. sollten darin klar festgelegt sein. Eine „natürliche“ Vorsorgevollmacht kennt der Gesetzgeber nur für Eltern minderjähriger Kinder, auch wenn viele Ärzte und Gerichte ein gleiches Recht auch Ehegatten zuerkennen. </p><p class="bodytext">Sowohl Patientenverfügungen als auch Vorsorgevollmachten gelten nach dem neuen Gesetz zeitlich unbegrenzt. Dennoch ist es hilfreich, regelmäßig zu überprüfen, ob die einmal festgelegte Verfügung immer noch den eigenen Wünschen entspricht. Patienten können dann die Aktualität mit einem kurzen entsprechenden Hinweis mit Datum und Unterschrift bekunden. Aber auch ein Widerruf oder Änderungen sind jederzeit möglich. Es reicht aus, diese Entscheidungen mündlich zu äußern – etwa gegenüber dem behandelnden Arzt oder nahen Angehörigen. </p><p class="bodytext">Auch wenn Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht gewissenhaft formuliert sind, treten bei der Anwendung mitunter Probleme auf. Es ist schwierig, im Vorfeld exakte Beschreibungen aller erdenklichen Krankheitssituationen zu leisten. Daher deckt eine Verfügung nicht immer alle möglichen Behandlungswünsche vollständig ab. Wer möchte, kann sich bei der Erstellung von einem Arzt unterstützen lassen. Die Krankenkassen zahlen diese Beratungsleistung allerdings nicht. </p><p class="bodytext"> </p><p class="bodytext"><p class="infobox">Weiterführende Informationen</p> </p><p class="bodytext"><ul><li>G. Geckle; M. Bonefeld: Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht, Haufe 2009. Erläutert das neue Gesetz und gibt Hinweise zum richtigen Verfassen der Verfügungen.</li></ul></p>
Lebensqualität für Sterbende
<p class="bodytext">Lebensqualität für einen unheilbar Kranken, das klingt für einen Gesunden vielleicht unverständlich. Aber Lebensqualität bedeutet, dass der Kranke im Rahmen seiner Möglichkeiten <i>unbeschwert</i> leben kann. Niemand kann von außen die Situation eines Sterbenden beurteilen. Betreuende und Angehörige brauchen viel Einfühlungsvermögen, um herauszufinden, was wichtig ist. </p><p class="bodytext">Für alle Sterbenden ist es wichtig, Menschen um sich zu haben. Das Gefühl, noch immer Teil des Lebens zu sein, gehört wohl zu den universalen Bedürfnissen Sterbender. Zuzuhören oder nur da zu sein ist das, was das Begleiten auf dem letzten Lebensweg ausmacht. </p><p class="bodytext">Wenn Menschen hilflos sind und nicht mehr reden können, ist es besonders wichtig, ihre Lebensäußerungen wahrzunehmen. Nur so kann es gelingen, Belastungen und Schmerzen für sie zu vermeiden und das Selbstbestimmungsrecht aufrechtzuerhalten. Weil es der Palliativmedizin nicht mehr um Heilung geht, sondern um Milderung der Symptome, nimmt die Kontrolle von Symptomen einen besonderen Stellenwert ein. Täglich wird geprüft, ob die Therapie neu anzupassen ist. Die häufigsten Probleme sind: </p><p class="bodytext"><ul><li>Übelkeit und Erbrechen, besonders bei Krebspatienten, aber auch als Nebenwirkung von Schmerzmedikamenten. (Verträgliche und wirkungsvolle Medikamente stehen aber zur Verfügung). </li><li>Hautschäden, insbesondere Dekubitus </li><li>Inkontinenzprobleme: In der Palliativmedizin sind die Infektionsrisiken eines Dauerkatheters eher vertretbar als sonst. Wenn der Patient sich wohler fühlt mit einem Dauerkatheter, weil keine Geruchsprobleme mehr da sind, und er die Angst, dass „was passieren könnte“, vergessen kann, soll er ihn bekommen. </li><li>Mundschleimhautprobleme und Trockenheit der Mundhöhle </li><li>Hunger und Durst durch Unfähigkeit zu kauen oder zu schlucken, Verdauungsbeschwerden </li><li>Verstopfung, häufig ebenfalls eine Medikamentennebenwirkung, aber auch Folge von Bewegungsmangel und einseitiger Ernährung </li><li>Trockenheit der Augen (Sicca-Syndrom): Künstliche Tränen bieten hier wirksame Hilfe. </li><li>Verwirrtheit: Es gibt vieles, das die Verwirrtheit eines Menschen verschlimmert, z. B. häufige Ortswechsel und wechselnde Bezugspersonen. </li><li>Atemnot und Rasselgeräusche beim Atmen. </li></ul> </p><p class="bodytext"><p class="nzo">Angst und Unruhe beseitigen </p> </p><p class="bodytext">Eine Herausforderung für die Angehörigen sind Angst und Unruhe des Sterbenden. Dahinter steckt entweder eine nicht ausreichende Schmerztherapie oder aber die Angst vor den letzten Tagen und Stunden, d. h. vor weiterem zusätzlichen Leiden. Doch die Komplikationen, die dann schließlich das Leben beenden, müssen nicht leidvoll sein. </p><p class="bodytext">So kommt es bei krebskranken Menschen, aber auch bei Menschen mit unheilbaren Leberschäden (Leberzirrhose) häufig zur Bewusstlosigkeit durch giftige Substanzen (Koma bzw. Leberausfallkoma). Der Übergang kann für Angehörige sehr belastend sein, ist aber relativ kurz und mit Medikamenten gut überbrückbar. Bei Gehirntumoren kann es zu Krampfanfällen kommen, die über den Hirndruck ebenfalls zum Koma führen. Das Leben endet dann mit einem „Einschlafen“. Große Ängste schließlich bestehen vor Atemnot und vor dem Ersticken. Lungen- und Herzkranke sind hier oft betroffen. Durch die Atemnot wird Kohlendioxid im Blut angereichert, das dazu führt, dass das Bewusstsein des Sterbenden geringer wird und er dann einschläft (so genannte CO<sub>2</sub>-Narkose). Das heißt, er wird den Zustand des Erstickens nicht mehr bewusst erleben. </p><p class="bodytext">Viele Patienten sind erleichtert, wenn sie über diese Zusammenhänge ehrlich und medizinisch korrekt aufgeklärt werden. </p><p class="bodytext"><p class="nzo">Ernährung am Lebensende </p> </p><p class="bodytext">Beim Sterbenden tritt das Essen zunehmend in den Hintergrund. Hat man früher Sterbende fast bis zuletzt gezwungen, etwas zu sich zu nehmen und zu trinken oder mit regelmäßigen Infusionen für Flüssigkeitszufuhr gesorgt, weil man Angst vor Austrocknung hatte, gilt dieses Vorgehen heute als Kunstfehler. So ist das Thema Essen heute eher ein Problem der Wahrnehmung der Angehörigen. Der Schwerkranke hat meist keinen Hunger mehr. </p><p class="bodytext">Diese Aussage gilt natürlich nur mit Einschränkungen für Kranke mit noch längerer Lebenserwartung. Im Krankenhaus stellen Infusionen die Therapie der Wahl dar, weil meistens ein venöser Zugang schon besteht und dieser auch durch die Infusionen offen gehalten werden kann. </p><p class="bodytext">Die Mehrzahl der Sterbenden kann einigermaßen normal essen und sollte das auch tun. Das gilt auch für die Frage, <i>was </i>der Patient isst. Diäten sind gut, aber irgendwann ziemlich zweitrangig. Der Schwerkranke soll – wenn er mag – essen und trinken, was immer er will. </p><p class="bodytext">Das Thema künstliche Ernährung am Lebensende nimmt in der öffentlichen Diskussion einen immer größeren Stellenwert ein. Das betrifft insbesondere die Ernährung über eine PEG-Sonde, die über die Bauchdecke in den Magen gelegt wird. Sinnvoll ist dies, wenn dadurch ein vorübergehender, durch Schluckschwierigkeiten hervorgerufener Zustand überbrückt werden kann, um anschließend wieder eine normale Ernährung zu ermöglichen. Im letzten Lebensstadium sollte die künstliche Ernährung insgesamt sorgfältig überlegt werden. Sie haben aber in jedem Fall Zeit zum Überlegen, niemand verhungert in so kurzer Zeit. Sie dürfen durchaus auch die Frage stellen, ob mit der künstlichen Ernährung die Probleme des Kranken oder die der Umgebung gelöst werden sollen und können. Bei Hochbetagten könnten die Nachteile (Komplikationen, Fixierung) die wenigen Vorteile überwiegen. </p><p class="bodytext">Eine Flüssigkeitszufuhr durch Infusionen, die belastungsfrei auch rektal (über den After) möglich ist, kann notwendig sein. In der letzten Lebensphase können Kranke jedoch ohne Infusion friedlich leben und sterben – und wahrscheinlich sogar besser. Sie leiden in dieser Situation nicht an Hunger und Durst. </p><p class="bodytext"><div class="gh_leuchtstift">Viele Schwerkranke verweigern bewusst die Nahrung, um schneller sterben zu können. Das ist keine leichte Situation, denn nun müssen die Angehörigen zusehen, wie der Patient immer weiter abmagert. Der Wille des Patienten sollte aber respektiert werden. Auch die Flüssigkeitsverweigerung in der letzten Phase vor dem Tod ist ein natürliches Zeichen des Todkranken, dass er sterben will. </div></p>
Trauer und Abschied
<p class="bodytext">Nach Eintritt des Todes ist es weder nötig noch sinnvoll, gleich aktiv zu werden. Vielen Menschen hilft es, die Stille und Besonderheit dieses abschließenden Lebensmoments auf sich wirken zu lassen, den geliebten Menschen noch einmal in Ruhe anzusehen und ihm nachzuspüren. Für die meisten ist es aber auch der Moment, in dem die Gefühle der Trauer mit all ihrer Wucht über sie hereinbrechen. </p><p class="bodytext">Sterben begegnet uns zunächst als das Sterben anderer. Die Auseinandersetzung mit den damit verbundenen Ängsten und belastenden Gefühlen ist ähnlich dem inneren Ringen, das ein Sterbender durchmacht, wenn die Todesnähe bewusst erlebt wird. Sterben ist auch immer Interaktion – zwischen denen, die bleiben, und dem, der gehen muss. </p><p class="bodytext">Früher war es die Regel, die Verstorbenen mehrere Tage zu Hause oder in einer Kapelle aufzubahren, damit jeder seine Trauer bekunden und sich verabschieden konnte. </p><p class="bodytext">Auch heute ist es noch möglich, dass der Verstorbene nicht direkt in ein Beerdigungsinstitut gebracht wird. Je nach Landesrecht kann der Verstorbene bis zu 36 Stunden zu Hause aufgebahrt werden. Wollen die Angehörigen den Verstorbenen noch länger bei sich behalten, können sie einen Antrag bei der örtlichen Ordnungsbehörde stellen. Die Frist wird dann verlängert, wenn ein Arzt bescheinigt, dass keine hygienischen Bedenken dagegen bestehen. </p><p class="bodytext"><p class="nzo">Es ist vorbei </p> </p><p class="bodytext">Während des Sterbens stehen die Bedürfnisse des Sterbenden im Mittelpunkt, und die Angehörigen sind meist so mit den Pflege- und Betreuungsmaßnahmen beschäftigt, dass sie das eigentliche Geschehen, den unwiderruflichen Abschied, erst in der Zeit danach richtig wahrnehmen und langsam lernen müssen, mit dem Verlust weiterzuleben. </p><p class="bodytext"><strong>Trauer</strong> ist sehr individuell. Hinterbliebene durchleben dennoch oft ähnliche Phasen wie die Sterbenden, indem sie versuchen, den Verlust zu bewältigen. Diese Phasen reichen von Verdrängung oder Betäubung des Schmerzes durch Arbeit, Wut oder Alkohol über totale Verzweiflung bis hin zu sozialem Rückzug und Suizidgedanken. Nicht selten erscheint der Verstorbene im Halbschlaf oder Traum und redet ganz normal – oder auch aus dem „Jenseits“ – mit dem Trauernden. Er ist einfach noch präsent. Besonders dann, wenn der Tod unerwartet eingetreten ist, kann diese Phase über Monate anhalten. </p><p class="bodytext"><p class="nzo">Kann man „richtig“ trauern? </p> </p><p class="bodytext">Es gibt keine „richtige“ oder „falsche“ Art zu trauern. Weinen, Schmerz (auch körperlich), Wut, Leere, Schuldgefühle – aber auch die Unfähigkeit, den Schmerz zuzulassen, können dazu gehören. </p><p class="bodytext">Eine normale Reaktion ist der Versuch, mit dem Verstorbenen weiter Kontakt zu halten, sich an gemeinsamen Orten oder der Grabstätte an ihn zu erinnern und mit ihm Dialoge zu führen. Auch das gemeinsame Erinnern mit weiteren Angehörigen und Bekannten gehört zum Trauern. </p><p class="bodytext">Entsprechend ist wenig hilfreich, Trauernde abzulenken. Viel wichtiger ist es, zu jedem Zeitpunkt ihre Bedürfnisse wahrzunehmen, Anteilnahme zu zeigen, ohne aber die vom Trauernden oft gewünschte Distanz zu überschreiten. </p><p class="bodytext"><p class="nzo">Professionelle Hilfe </p> </p><p class="bodytext">Ohne Unterstützung durch nahestehende Menschen fällt ein Trauernder leicht in jahrelange Depressionen, Bitterkeit oder Isolation. Bietet das persönliche Umfeld nur wenig Hilfe und Zuwendung, oder ist die Alltagsbelastung kaum zu bewältigen, wenn z. B. kleine Kinder oder der Ehepartner des Verstorbenen zu versorgen sind, sollte rechtzeitig professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. </p><p class="bodytext">Die Frage, wo die Grenze zur <strong>traumatischen, krankhaften Trauerreaktion</strong> überschritten ist, die der therapeutischen Hilfe bedarf, ist manchmal schwer zu beantworten. Es gibt Experten, die sechs Monate als Grenze setzen, nach denen sich wieder ein gewisses Maß an Normalität und Lebensfreude eingestellt haben sollte. In der Praxis aber sind andere Zeichen wichtiger. </p><p class="bodytext">Wenn Trauernde </p><p class="bodytext"><ul><li>An Schuldgefühlen leiden, den Angehörigen während des Sterbens nicht gut genug betreut oder ausreichend besucht zu haben </li><li>Am Sinn des eigenen Lebens zweifeln oder Suizidgedanken haben </li><li>Nichts mehr zu finden scheinen, das ihnen Freude bereitet, weder ihre Hobbys, ihre Arbeit, noch Musik oder Dinge, die sie früher besonders gern gemacht haben </li><li>Die Menschen um sich herum nur noch als Last empfinden </li></ul> </p><p class="bodytext">sollte <i>zügig</i> professionelle Hilfe gesucht werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, ist in diesen Fällen hoch. Konsultieren Sie Ihren Hausarzt, um rasch einen Psychotherapeuten zu finden, oder suchen Sie direkt einen Nervenarzt oder Psychotherapeuten auf. Ist Ihr Angehöriger palliativmedizinisch betreut worden, so vermitteln auch das Hospiz Angebote zur weiteren Betreuung. In vielen Städten gibt es auch kommunale oder kirchliche Institutionen, die zumindest eine Erstberatung durchführen können. </p><p class="bodytext"> </p><p class="bodytext"><p class="infobox">Weiterführende Informationen</p> </p><p class="bodytext"><ul><li><a href="http://www.rki.de" target="_blank">www.rki.de</a> – Website des Robert-Koch-Instituts, Berlin: Bietet Themenheft 2 zur Sterbebegleitung unter der Rubrik Gesundheitsberichterstattung, Stichwortsuche Sterbebegleitung, kostenlos zum Herunterladen oder Bestellen. Behandelt werden rechtliche Grundsätze bis zur Palliativmedizin und Hospizbewegung. </li><li><a href="http://www.trauer.org" target="_blank">www.trauer.org</a> – Privat betriebenes Trauerportal (Arzbach) zum Austausch unter Betroffenen. </li><li>J. Canacakis: Ich sehe deine Tränen. Lebendigkeit in der Trauer. Kreuz-Verlag, 2006. Verständlich geschrieben vermittelt das Buch, dass Trauer zum Leben gehört. </li><li>M. Nijs: Trauern hat seine Zeit. Abschiedsrituale beim frühen Tod eines Kindes. Verlag für angewandte Psychologie, 2003. Basierend auf Gesprächen mit betroffenen Müttern werden Anregungen und praxisbezogene Vorschläge geschaffen, die verwaiste Eltern einfühlsam unterstützen.</li></ul></p>